Montag, 18. Mai 2009

Von Felten Welten-Productions* präsentiert

Warten

Jeden Tag aufstehen. Jeden Tag Kaffee trinken – starken, schwarzen Espresso mit viel Zucker. Jeden Tag essen. Jeden Tag trinken – möglichst viel, am besten Wasser, drei Liter wäre gut, drei Liter Wasser, jeden Tag. Jeden Tag warten, auf den Zug, den Bus, den verpassten Bus, auf einen besseren Tag, einen schönen Tag, einen Tag mit viel Sonne, viel Freude. Am besten sind Wochenenden, Samstage mit viel Sonne, aber nicht zu heiss, wenn möglich nicht zu heisse Samstage, aber mit Sonne. Am Samstag weiss man, dass noch ein freier Tag folgt, wenn möglich ebenfalls mit Sonne, viel Sonne – aber nicht zu heiss. Auf den Sonntag wartet man nicht, weil Sonntage sind doof. Man weiss, dass am nächsten Tag wieder Montag ist. Das macht traurig. Das macht müde, manchmal auch wütend, manchmal lustlos. Montage sind immer doof, weil man aufstehen muss, früh aufstehen – fast immer. Ausser man hat frei am Montag, dann ist Sonntag, wie Samstag, wenn möglich mit viel Sonne, einfach wenn möglich mit Sonne, aber nicht zu heiss, etwas Schatten wäre gut und vielleicht noch ein Bier – natürlich erst am Abend. Ein kühles Bier an einem sonnigen Samstagabend, oder an einem sonnigen Sonntagabend, natürlich nur, wenn man am Montag dann frei hat, was selten ist – dann ist aber der Sonntag sowieso wie Samstag. Das ist gut. Am Montag wartet man auf Dienstag, oder schon aufs Wochenende, auf ein sonniges Wochenende, auf Samstag. Am Dienstag, am Mittwoch, am Donnerstag und auch noch am Freitag: Warten. Warten habe ich schon immer gehasst – immer! Ich verpasse manchmal den Zug, weil ich so knapp aus dem Haus gehe, damit ich nicht am Bahnhof warten muss. Wenn ich einen Anruf erwarte, schalte ich manchmal das Telfon aus, damit ich nicht auf das Klingeln warten muss. Aber eigentlich besteht das Leben aus warten – so oft: warten. Erwarten, abwarten, warten, warten... Man kann eine Zigarette rauchen, um das Warten in eine Handlung zu verwandeln. Man wartet trotzdem. Man kann Musik hören, ein Bier trinken, beobachten, denken. Man wartet trotzdem. Ich hasse warten – immer. Warten macht nervös. Und je nach dem, auf was man wartet, je nach Grösse der bevorstehenden Erwartung, mag man nicht einmal mehr essen, mag man nicht mehr... Besser aber man macht etwas, um nicht bewusst zu warten, nicht bewusst auf den Zug zu warten, nicht bewusst auf den verpassten Bus zu warten, nicht auf den Anruf zu warten, nicht auf das sonnige Wochenende zu warten (vielleicht regnet es ja am Wochenende, und verregnete Wochenenden sind nicht wartenswert). Am Morgen wartet man auf den Mittag, nach dem Mittag auf den Abend, im Winter auf den Frühling, den Sommer. Im Kindergarten wartet man auf die Schulzeit, in der Schule auf die Selbständigkeit. Man wartet auf eine neue Anstellung, eine gute Nachricht, manchmal kommt aber dann eine schlechte – oft sogar. Man wartet. Wartet. Und am Ende... Am Ende hat das Warten ein Ende. Der Tod. Aber auf den wartet man eigentlich nicht. Man wartet auf alles, was vorher ist. Man wartet, um zu warten, um zu warten, um zu warten, um zu warten, um zu warten (u.s.w) und um wieder zu warten. Aber am Ende... Ich habe warten schon immer gehasst – immer...


* Von Felten Welten-Productions: Ein Non-Profit (es ist so gekommen) und No-Art-Demand (but much fun and a little narcism) Projekt von Regine von Felten

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