Montag, 2. März 2009

Von Felten Welten-Productions* präsentiert

Ein prüfender Blick in den Spiegel

Immer wieder passiert es mir. Ich setzte mich auf öffentlichen Toiletten auf die geöffnete Klobrille - natürlich unabsichtlich. Ich setzte mich während einem prüfenden Blick in den Spiegel, und wenn ich sitze, fühle ich eine unangenehme Feuchtigkeit an meinen Pobacken. Natürlich springe ich angewidert auf... aber zu spät... Der Ekel lässt mich erschauern. In solchen Momenten wünschte ich, ich hätte - Desinfektionsmittel, oder - einen Penis. Ich würde das Klo betreten, mich vor das Pissoir stellen und den Ball ins Tor pissen (treffen würde ich bestimmt, da bin ich mir sicher). Man kann jetzt unerstaunt diese Zeilen lesen und denken, eine Frau - und erst noch mit kurzen Haaren, und sie spielt Fussball - wünscht sich ja sowieso, ein Mann zu sein. Man nennt dies nach Freud Penisneid (Der Begriff Penisneid wurde von Sigmund Freud geprägt. Die Annahme, dass Frauen das männliche Geschlecht unbewusst um dessen Penis beneiden, gilt als sowohl berühmte wie auch allgemein umstrittene These der klassischen Psychoanalyse. Anm. d. Red.). Dann macht man es sich aber sehr einfach! Man kann jetzt unerstaunt diese Zeilen lesen, und wenn man die schreibende Person - also mich - etwas besser kennt, denken, die hat ja schon oft gesagt, sie möchte im nächsten Leben ein Mann sein (hauptsächlich aus Integrationsgründen). Aber auch dann macht man es sich sehr einfach! Zum Ersten glaube ich nicht an die, ohnehin umstrittene, Penisneid-Theorie - natürlich wäre es angenehmer, beim Pissen nicht auf ein bepinkeltes Klo sitzen zu müssen, natürlich wäre es eleganter, auf der Strasse an einen Laternenpfahl zu urinieren, anstatt sich eine dunkle Ecke suchen zu müssen, um dann sitzend die neuen Schuhe zu taufen. Aber das ist auch schon alles, warum ich Männer um ihren Penis beneide, weil ich mir manchmal eine Pissverlängerung wünsche - sozusagen einen Schiffmasten, also ein Segelschiff, anstatt einem Motorboot. Grundsätzlich wünsche ich mir aber ein Motorboot, mein Motorboot... Zum Zweiten glaube ich nicht an Wiedergeburt. Das ist also eine blosse Anspielung, darauf dass es immer noch schwierig ist - manchmal - sich als Frau in einer Männerwelt, womit ich hauptsächlich Fussball meine, zu bewegen (aus Integrationsgründen, eben). Weisch de du, was es Offside isch? U süsch so Regle kennsch o, oder luegsch eifach gärn de Fuessballerwadli nache? (beides, natürlich! Anm. d. Red.) Ansonsten bin ich gerne Frau. Ich schätze es sehr, rosa tragen zu dürfen. Ich schätze es, hohe Absätze als optische Beinverlängerung benutzen zu können. Auch die Schminke ist nicht nur ein Übel! Schon manchen Pickel, einige Falten und Augenringe konnte ich unter einem Make-up verbergen. Du gsesch hüt guet us. Me gseht dir gar nid a, dass gester so lang im Usgang bisch gsi! (Merci! Das war ja auch das Ziel der Stunden, die ich im Bad verbracht habe! Anm. d. Red.) Und sogar kochen muss frau heutzutage nicht mehr unbedingt können. Mit ewas Charme und einem zuckersüssen Dessert-Lächeln verzeiht jeder Mann, die verkohlten Speckwürfel im Nüsslersalat, die verkochten Spaghetti, den versalzenen Kartoffelstock. Si hets ämu guet gmeint u probiert immer wider Mau e chli z chöcherle... Also nix mit Penisneid, aber ein nasser Po, nass von fremdem Urin... das ist halt nicht so... nicht so erfrischen, wie ein Po, der nass ist durch laues Meerwasser. Man kann jetzt unerstaunt diese Zeilen lesen und denken, die soll sich doch den prüfenden Blick in den Spiegel abgewöhnen, wenn sie sich auf ein öffentliches Klo setzt. Dazu muss ich sagen, wer das denkt, mag Recht haben...


* Von Felten Welten-Productions: Ein Non-Profit (es ist so gekommen) und No-Art-Demand (but much fun and a little narcism) Projekt von Regine von Felten

Von Felten Welten-Productions* präsentiert

Von faulen Eiern, Pinguinen, Eisschollen und Rosen

Ungläubig blinzeln die bleichen Gesichter in das Licht. Sie sind geweckt worden. Warme Sonnenstrahlen haben ihren Winterschlaf beendet. Auf dem Platz in der Stadt stehen Stühle und Tische bereits draussen, und von allen Seiten strömen die Menschen nun ausgehungert in der Mitte zusammen. Wie kleine Tierchen haben sie, noch etwas zaghaft und schläfrig, ihre Überwinterungshöhlen verlassen, um sich endlich wieder zu treffen, endlich wieder zu sehen, wer den harten Winter überlebt hat, und wer ihm erlegen ist. Hei nei, git's di o no!? Was machsch geng? Wo bisch de du gsi? In der Höhle waren sie, in ihren dunklen Löchern haben sie geschlafen und gefressen - geschlafen, gefressen, gesoffen und gewartet. Jeder weiss das, und trotzdem fragen sie einander ungläubig, nach der Überwinterungsstrategie, nach Neuigkeiten, vorallem nach Neuigkeiten - vielleicht hat ja doch irgendjemand in der Kälte draussen sein müssen. Vielleicht ist ja doch jemand erfroren, dem Eisbären erlegen, unter eine Eisscholle gekommen, durch einem Pinguinenbiss tödlich verletzt worden, oder jemand hat im Winter Nachwuchs gezeugt - und man weiss das noch nicht... Die bleichen Gesichter werden langsam rot, von der Sonne rot, vor Erregung rot. Sie freuen sich ehrlich, sich wieder zu sehen, sie freuen sich ehrlich, wieder gesehen zu werden. Hesch gseh, da di angeri isch ja huere fett worde dä Winter! Eeeh, die dert äne, mit der wisse Sunnebrülle. Gsesch se nid? Isch si äch schwanger? Nei, di het öpe eifach nüt angers gmacht aus gfrässe... (Da hani mer ause de scho chli meh Müeh gä. I cha wenigschtens no mini Bei zeige, u me meint nid grad, es sige griechischi Süüle.) Aber das Zweite denkt sie nur und schwenkt ihre Beine elegant über den Platz, damit ihre Hüften verführerisch beben; die Sonnenbrille auf der Nase, um die Blicke von beiden Seiten unauffällig in ihre Tasche stecken zu können. Am Abend, wenn die Sonne wieder hinter den Bergen verschwindet, nagelt sie die mühsam gesammelten Blicke wie Jagdtrophäen an die Wand - und geniesst. Der Platz hat sich am Nachmittag in einen Laufsteg verwandelt. Die teuren Sitzplätze sind bereits vergeben, aber es gesellt sich immer mehr Publikum dazu. Niemand weiss mittlerweile mehr, ob er nun Publikum ist oder gerade in der Manege steht, ob er Clown ist, Esel oder ein Supertalent, ein Mannequin. Ab und zu klatscht einer Beifall, schmeisst eine Rose nach der Schönen mit den langen Haaren. Aber schon steht er durch seinen Zwischenruf im Mittelpunkt und entscheidet sich im letzten Moment - schon Mitten auf der Bühne - den riskanten Seilakt wieder abzubrechen, ist ihm die Clownnummer doch in die Wiege gelegt worden. Faule Eier fliegen auf die Bühne, gefolgt von Plüschtieren, Tomaten und eben von Rosen. Der Clown, der gerne Seiltänzer wäre, wird getroffen von zwei faulen Eiern, geworfen aus unerwarteter Nähe. Er erschrickt. Er stolpert, fängt sich aber kurz vor dem Fall wieder auf, nimmt die triefenden, stinkenden Eier und schmeisst sie zurück in die Menge, woher sie gekommen waren. Er trifft. Wen es trifft, ist egal, Hauptsache, er ist das faule Ei wieder los und kann mitlachen, ist nicht mehr der Ausgelachte. Und so geht das Treiben weiter, bis die Sonne hinter der Häuserfront verschwindet. Die roten Gesichter glühen noch eine Weile in der eingekehrten Dunkelheit weiter, dann verschwinden sie wieder in den Löchern, in den Höhlen. Aber sie kommen wieder! Sie kommen wieder, sobald die Sonne wieder scheint - sofern sie nicht von einer Eisscholle erwischt werden oder durch einen Liebesbiss eines Pinguins tödlich verletzt werden, dann kommen sie wieder, und sie werden wieder Rosen schmeissen, Rosen und faule Eier.
(Danke für die Rosen... Anm. d. Red.)


* Von Felten Welten-Productions: Ein Non-Profit (es ist so gekommen) und No-Art-Demand (but much fun and a little narcism) Projekt von Regine von Felten