Dienstag, 14. April 2009

Von Felten Welten-Productions* präsentiert

Golden, tatsächlich
für Chläus-Grossvati

Die goldene Flüssigkeit sprudelte aus der grünen Flasche in das schräg gehaltene Glas. Du hast immer gesagt, die Farbe sei golden - ich fand sie, sei gelb. Oben bildete sich ein weisser Schaum, und kleine Bläschen stiegen unablässig vom Grund an die Oberfläche, wo sie sich im Schaum verloren. Wenn man ganz leise war, konnte man den Schaum flüstern hören. Das lange Glas mit goldenem Rand lief an, so dass man wunderbar darauf hätte malen können. Du hieltest das Glas in die Höhe, damit ich das goldene Glänzen in der Sonne bewundern konnte. Wenn du nach dem Anstossen einen kräftigen Schluck genommen hast, blieb vom weissen Schaum an deinem Schnurrbart hängen. Du hast einfach weiter geredet, und erst nach einigen Sätzen hast du mit dem Handrücken über deinen Mund gewischt. Nach dem zweiten Glas hat dein Hemd leicht bitterlich gerochen, oft vermischt mit einem Hauch von Zigarettenrauch. Ich habe diesen Geruch immer gemocht - und ich mag ihn noch immer. Er erinnert mich an dich, an dich und an meine Kindheit. Wenn ich diese Mischung rieche, sehe ich vor mir deine dunklen Augenbrauen über den blauen Augen. Ich sehe deine farbigen Krawatten, an denen ich so gerne gekaut habe. Ich denke an die Tage in den Bergen, an den Schnee und die Nuss-Schokolade, die du mir jedesmal geschenkt hast. Den bitterlichen Geruch habe ich immer gemocht, aber das Getränk, mochte es auch noch so golden sein, hat mir nie geschmeckt, bis jetzt. Und heute sitze ich hier am See - und trinke ein Bier. Ich halte das Glas leicht schräg, wenn ich einschenke und schaue zu, wie sich oben weisser Schaum bildet. Ich schaue zu, wie die Bläschen an die Oberfläche steigen und versuche so leise zu sein, dass ich den Schaum vergehen hören kann. Und ich denke an dich. Wie gerne würde ich jetzt mit dir anstossen. Wie gerne würde ich jetzt das Klirren hören, wenn unsere Gläser auf einander treffen. Ich würde einen kräftigen Schluck nehmen und dann, dann würde ich einen Moment verstreichen lassen, bevor ich mir mit dem Handrücken über den Mund wischen würde. Wenn du mich jetzt sehen könntest... Du würdest dich wahrscheinlich im Grab umdrehen! Deine Enkelin trinkt Bier, und es ist golden - tatsächlich!


* Von Felten Welten-Productions: Ein Non-Profit (es ist so gekommen) und No-Art-Demand (but much fun and a little narcism) Projekt von Regine von Felten

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hey. hammer text. gefaellt mir. erinnert mich an meinen vater.

keep it up! seiler

www.reginevonfelten.ch hat gesagt…

Danke, Seiler! :)