Donnerstag, 16. April 2009

von Felten Welten-Productions* präsentiert

Wenn es regnet, hört man nicht Reggae

Jetzt stehst du wieder an dieser Kreuzung. Du stehst an der Kreuzung und gehst nach links - wie immer, nach links. Früher bist du ab und zu nach rechts gegangen, oft sogar. Heute gehst du nach links - immer. Manchmal würdest du auch gerne geradeaus gehen, heute zum Beispiel, heute besonders. Aber du wirst nach links gehen, wie immer. Etwas anderes würde sowieso keinen Sinn machen, als nach links abzuzwiegen. Du hörst Musik. Früher hast du selten Musik gehört - nur zu Hause und in den Klubs natürlich. Aber jetzt hörst du fast immer Musik, zu allem, was du tust, zu fast allem: Musik. An Musik kann man sich festhalten. Man kann zumachen. Man ist nur mit sich allein, egal, wo man ist. Man muss niemanden sehen, niemanden hören - nur die Musik und die eigenen Gedanken, natürlich. Die Gedanken fliessen dann zur Musik, im Rhythmus der Musik, und sie erscheinen plötzlich wichtig, so wichtig. Plötzlich wird das eigene Leben, der eintönige Alltag zu einem Film, zu einem spannenden Film - immer schön begleitet durch Musik. Menschen, die in einem Film vorkommen, sind wichtig, und besonders wenn Musik läuft, befindet sich der Protagonist in einem wichtigen Moment seines Film-Lebens. Also hörst du immer Musik und fühlst dich wichtig, eben als wärst du selber der Protagonist eines Films mit Zuschauern, und du wählst die Musik selber, passend zur Stimmung, natürlich. Wenn es regnet hört man nicht Reggae. Man hört bei Regen traurige Gitarren-Musik und ist auch traurig. Bei Sonne, da hört man Reggae oder Salsa vielleicht - aber Salsa nur, wenn man ganz glücklich ist. Wenn man bei Sonne traurig ist, dann wird es schwieriger... Aber heute regnet es ja. Es regnet, und du hörst Gitarren-Musik. Du, also der Protagonist, hat nasse Füsse, nasse Hosen. Du drehst den schwarzen Schirm in deinen Händen und schaust traurig zu Boden. Du bist traurig, weil es regnet, oder es regnet, weil du traurig bist - in Filmen ist das so. Es regnet, wenn der Protagonist traurig ist. Und Kreuzungen kommen auch oft vor in Filmen. Sollst du nach rechts gehen? Sollst du nach links gehen? Oder geradeaus... Wenn es ein Happy End gibt, geht man geradeaus, würde ich sagen. Aber du gehst nach links - es regnet ja auch, und dann noch die traurige Gitarren-Musik. Das klingt nicht nach Happy End. Du gehst also nach links, wie immer. Das passt, finde ich. Regen, Gitarren-Musik und links. Das passt.


* Von Felten Welten-Productions: Ein Non-Profit (es ist so gekommen) und No-Art-Demand (but much fun and a little narcism) Projekt von Regine von Felten

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