Mittwoch, 16. Dezember 2009

von Felten Welten-Productions* präsentiert

Die Uhr als Bild oder
i wett en Uhr erfinde
(abgeändertes Zitat: Mani Matter, I ha en Uhr erfunde)

Ich mag sie. Eigentlich mag ich sie. Sie sind schön. Meine Uhren sind schön - alle. Sie ticktacken die Zeit weg. Sie sind schön, aber sie ticktacken die Zeit weg. Manche ticktacken die Zeit laut weg, andere leise. Meine ticktacken alle leise, mittlerweile ticktacken alle meine Uhren nur noch leise. Ich mag schon lange keine Uhren mehr, die laut sind. In der Nacht stehlen sie den Schlaf oder verwandeln das Einschlafen ins Zählen vom Ticktack, ticktack, ticktack... und am Tag wollen laute Uhren mehr Aufmerksamkeit, als ihnen gebührt, als ich ihnen gebühren gewillt bin. Ich habe mir eine neue Uhr gekauft - eine Uhr für's Badezimmer. Da hatte ich noch keine oder keine mehr. Sie ist silbern, matt silbern. Sie hat drei schwarze Zeiger, einen kleinen, dicken, einen grösseren, dünneren und einen ganz grossen, ganz dünnen, ganz schnellen, und sie hat auf dem weiss vergilbten Ziffernplatz kleine, schwarze Striche, jeder fünfte ist etwas länger als die vier vorhergehenden. Ich mochte sie, weil sie schön ist. Ich habe sie gekauft, weil sie schön ist. Ich habe sie gekauft, weil sie tonlos die Zeit weg ticktackt, und weil ich am Morgen im Bad, während ich die Lachfalten verschwinden lassen versuche, sehen muss, wie schnell die Uhr heute ticktackt, damit ich die Züge nicht verpasse. Sie ist schön, aber sie ticktackt jeden Morgen zu schnell. Ich mochte sie, die Uhr, als ich sie im Laden gesehen habe. Ich mochte sie nicht mehr, wenn ich sie am Morgen ticktacken gesehen habe, und jetzt mag ich sie nicht einmal mehr am Sonntag. So geht es mit allen Uhren. Sie werden mit jedem Ticktack, sie werden mit der Zeit hässlicher. Sie werden hässlich. Ich kann ihre oberflächliche Schönheit nicht mehr sehen. Ich sehe nur noch ihr Ticktacken - und möchte eine neue Uhr, eine Uhr, die mich noch nicht ans Zeitverstreichen erinnert, eine, die mir nur ihr Schönsein zeigt. Ich möchte eine Uhr, die nicht ticktackt, ein Uhr, die still steht. Ich möchte eine Uhr, die rückwärts läuft oder einfach keine Zeit anzeigt - eine Uhr als Bild, ohne Zeit und ohne Ticktack, und ich möchte Züge verpassen. Ich glaube, ich möchte Züge verpassen.


* Von Felten Welten-Productions: Ein Non-Profit (es ist so gekommen) und No-Art-Demand (but much fun and a little narcism) Projekt von Regine von Felten

Keine Kommentare: