Freitag, 22. Oktober 2010

Ausser Amélie

Menschen schreiben in Steckbriefen und Anzeigen manchmal, was sie mögen und was sie nicht mögen, wie Amélie. Bei Amélie war das schön, wirklich richtig schön. Aber nur bei Amélie.
Ich denke, wenn ich diese Ich-mag-Sätze lese, darüber nach, was ich mag und was ich gar nicht mag - und jedesmal ist es etwas anderes, was ich gerade besonders mag. Ich mag so viel, und so viel mag ich auch nicht. Und was sagt es überhaupt über einen Menschen aus, und wen interessierts, dass ich Marroni und den Herbst, den Frühherbst mag, dass ich fleischlos glücklich bin und Zigarettenrauch an Sommermorgen liebe?
Ich könnte eine Liste schreiben, davon, was ich mag und was nicht. Diese Liste würde wahrscheinlich unendlich lang werden. Tausend Dinge, die ich liebe und tausend, die ich hasse. Niemand würde sie jemals zu ende lesen, und ich würde nicht mehr über mich wissen, als ich jetzt schon weiss, denn ich weiss ja, was ich mag und was nicht, auch wenn ich jetzt gerade nicht alles aufzählen kann.
Man könnte von allen Menschen Listen machen - Listen mit einem Plus, für das, was sie mögen und Listen mit einem Minus, für das, was sie nicht mögen. Ich mag Honig im Tee, überhaupt mag ich Tee, aber ich mag ihn nicht zubereiten. Dann könnte man auf der Liste vergleichen, wer alles Tee mag mit Honig und gerne Tee zubereiten mag. Und so würde man seine Freunde finden, den perfekten Partner finden, wahrscheinlich.
Man könnte bei den Plus und auch bei den Minus noch einige, sagen wir zehn, wichtige Plus und zehn wichtige Minus angeben, mit einem Doppelstrich unterstrichen oder rote Plus und rote Minus machen. Die müssten dann übereinstimmen, die zehn wichtigen Plus und die zehn wichtigen Minus.
Ich mag besonders: Fussball spielen, Marroni essen, Rotwein bei Regen auf dem Balkon, Pickel ausdrücken und so... Er mag das dann alles auch - und dann ist es langweilig, irgendwie. Oder er mag das alles auch und sieht scheisse aus - also so, wie es mir nicht gefällt. Dann sind die Listen alle für nichts, für nichts gut.
Man braucht nicht immer sagen, ich mag dünne Bücher lesen mit schönen Sätzen und ich mag dies und das. Das interessiert nicht, das ist egal - ausser bei Amélie natürlich!

Aber damit es doch noch abschliessend gesagt wurde: Gestern habe ich gemerkt, dass ich in der Nacht Fenster mag, hohe Fenster ohne Vorhänge. Ich mag in fremde Wohnungen schauen bei Nacht. Besonders mag ich (und an dieser Stelle müsste dann wahrscheinlich ein rotes Plus oder ein doppelt unterstrichenes Plus stehen) schöne Lampen sehen, Kronleuchter und eine wuchernde Pflanze. Das macht Heimweh, Heimweh nach Kindheit, nach Grosseltern und Rösti. Besonders mag ich auch volle Büchergestelle, beleuchtet vom Kronleuchter und daneben die wuchernde Pflanze, vielleicht noch ein Holztisch. Das muss aber nicht sein. Der Holztisch steht unter einem normalen Plus, unter keinem roten oder doppelt unterstrichenen Plus. Kronleuchter, wuchernde Pflanze und volles Büchergestell reichen völlig aus.
Das mag ich, und Rösti mag ich auch. Nur damit es doch noch gesagt wurde.
So, und jetzt zählen wir nicht mehr auf, was wir mögen und was wir nicht mögen. Hören wir damit auf. Das interessiert nicht. Niemanden.
Nur Amélie darf das. Sie darf das, weil es schön ist, wenn sie es tut, wirklich richtig schön.

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