Mittwoch, 29. September 2010

Vom Fliegen, Fotografieren und Töten

Am Anfang waren sie und das Licht, und sie hatte das Gefühl, sie würde Gedichte schreiben mit dem Licht, zärtliche Liebesgedichte mit einer Feder, einer farbigen Vogelfeder. Sie schrieb die Gedichte Satz um Satz, als trüge sie selber Gefieder und flöge über die Erde, frei; bis ihr eines Tages auffiel, dass es nicht Gedichte waren, die sie schrieb - es waren plattgedrückte Berge, plattgedrückte Häuser, ganze plattgedrückte Landschaften und Städte, die sie im beiläufigen Vorübergehen tot getrampelt hatte. Sie fand diese platten Dinge zwar immer noch schön, aber es fiel ihr schwer, sie herzustellen, weil sie nun bewusst dafür töten musste. Das Töten war aber ihr Leben. Ihr Leben war das Töten. Und sie nahm die vermeintliche Vogelfeder, mit der sie nicht mehr fliegen konnte, wieder aus dem Schrank und walzte alles platt, was ihr gefiel.
Dann stand sie vor den entstandenen Fotografien, zweidimensional und tot, und fand sie - irgendwie - schön. Aber schöner war es mit dem Licht zu fliegen.

Ispiriert durch Henri Michaux, In der Gesellschaft der Ungeheuer
Zitat: "(...)Die Bäume auf seinem Weg warf er über den Haufen, warf sie platt, und es waren Photographien.(...)"

1 Kommentar:

Priska hat gesagt…

so ist es doch mit der kunst... das wunder lässt sich nicht einsperren- es lebt im moment, der so vergänglich ist wie ein augenzwinkern..