Mittwoch, 4. Mai 2011

Wenn man weiss, was schwarz ist

Wenn man weiss, was schwarz ist, könnte man sagen, man sieht einfach schwarz. Schwarz und vielleicht nach einer Weile noch diese weissen Punkte, wie Ameisen oder wie das Flimmern auf dem Fernsehbildschirm, wenn kein Bild da ist.

Es ist, als ob der Raum riesig wäre, unendlich, aber auch gleich vor meiner Nase zu Ende sein kann. Man weiss es nicht.

Beklemmen. Bei mir hat es Beklemmen ausgelöst. Ein bisschen Unsicherheit auch. Ich habe nicht mehr viel gesprochen. Ich habe mich zu orientieren versucht. Dann wurde mir ein bisschen schwindlig. Kein Halt für die Augen, einfach bodenloses Nichts.

Er hatte Angst, regelrecht Panik und wollte den schwarzen Raum verlassen. Alleine konnte er aber nicht gehen und er rief – fast schon ein Hilferuf – er wolle da raus.

Es hatte viele Menschen. Alle haben durcheinander gesprochen, gelacht, geschrieen. Ich fand, es sei viel lauter als in hellen Räumen. Ungehemmt. Verängstigt. Wehe wenn sie sich unbeobachtet fühlen.

Er hat noch einmal gerufen, etwas lauter, und ein bisschen geflucht hat er. „Ruth! Ruth, ich will raus! Ich will eine Zigarette rauchen. Ich muss hier raus! Ruth!“

Ruth kam dann, irgendwann und nahm ihn mit.

Dass er nicht mehr da war, konnte ich nur daran erkennen, dass er nicht mehr zu hören war. Unsichtbar und ohne Ton.

Ich habe gewartet. Zu sehen gab es nur die weissen Ameisen auf dem schwarzen Bildschirm. Gehört habe ich viel – zu viel, so dass ich nichts mehr aufnehmen konnte und dann doch nichts gehört habe. Ich gab mich dem Schwindel hin. Fast wie in einem Rausch.

Dann kam Ruth und brachte ihn wieder an den Tisch. Er sagte, es sei besser. Er möge es aber nicht, das Dunkel. Platzangst.

Wir haben gegessen. Das Auge ass nicht mit.

Als die vielen Leute weg waren, war es angenehmer. Wir haben uns unterhalten, über die Dunkelheit, die Unsicherheit, die Panik, den Lärm die Grösse des Raums, über die Ameisen und das Schwarz.

Dann haben wir Ruth gerufen. Sie hat uns heraus geführt, im Zickzack und wir hielten uns an ihr fest. Wir waren eine Schlange. Ruth war der Kopf, unsere Orientierung, der Boden im Bodenlosen, der Weg ans Licht.

Dann ein Blitz. Hell.

Ich schloss die Augen, versuchte sie zu öffnen und musste sie wieder schliessen. Eine ganze Weile ging das so. Auf. Zu. Auf. Zu. Und Kopfschmerzen.

Kopfschmerzen und weiss. Man könnte sagen, es war alles weiss, wenn man weiss, was weiss ist.

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